— von Arben Çokaj
Rozafa ist der Ursprung einer alten, sagenumwobenen Stadt. Alles beginnt mit einer Legende, alles geht weiter wie in einer Legende. Rozafa war da, schon vor Christi Geburt, sie ist auch heute noch da. Wer die Legende von der Festung Rozafa kennt, weiß um den lebenden Mutterleib, den ihre Mauern bergen.
Gjekë Marinaj
ROZAFA’s CONFESSION
Under the illusion
that a woman’s value is less than a man‘,
They immured me.Under the idea
that it was feeded by my blood,
Castle found strength to remain standing.Under the embarrassment
that it can be called as a witness,
River Drin continues its way.Under the emblem
of human self-sacrifice,
They turned me in legend.Under the pretext
that all of them were right,
I immured in myself the word “murder”.
Dieses Paradoxen menschlicher Vernunft führt uns zu einem Anfang: Der orakelhafte Alte sagt den Brüdern, sie müßten eine ihrer Frauen opfern, damit die Mauer stehen bleibt. Will diese philosophische Lehre des Orakels, diese einzigartige symbolische Handung, denn nicht sagen, daß du, wenn du etwas Heiliges verlierst, das zu schätzen beginnst, was du auf diesem Verlust aufbauen konntest? Eben dies vollzieht sich ganz natürlich zu Rozafas Zeit, der Frau, die eingemauert wurde, um Leben zu spenden. Sie wurde eingemauert, weil das Orakel es so sagte; sie wurde zur Märtyrerin überlieferter Bräuche, und das macht die philosophische Stärke der Legende aus: das Opfer als unbedingte Notwendigkeit.
Sind etwa alle Menschen opferbereit? Nein, in Wirklichkeit aber doch! Jeder von uns verliert etwas, einer mehr, der andere weniger, ungewollt und unbewußt. Das geschieht ebenso natürlich, wie es mit Rozafa geschehen war. Unsere Verluste sind allerdings klein und individuell, Rozafas Verlust hingegen ereilte sie zum Wohl umfassender Interessen: für den Bau einer Schutzmauer für die Stadt Shkodra.